liegengeblieben #2
(Jahrelang hing ich an der Grundidee, dass ein Paar ein Hochzeitsvideo drehen will, das schönste Hochzeitsvideo ever, und zunächst für die Home-Story ein anderes Wohnzimmer nutzt, als das eigene, dann die echten Gäste auf dem Dreh durch hübschere Schauspieler ersetzen lässt. Am Ende wird sogar das Paar selbst durch Schauspieler ersetzt, und irgendwann kam mir der Gedanke, alles in einem grässlichen Massaker enden zu lassen, ich hatte Verschwörungstheorien im Kopf, und, und, und …)
Sie liebt ihr japanisches Messer. Mit einem Hieb zerteilt sie eine Wassermelone. Sie betrachtet die beiden Hälften. Bereits vom Geruch wird ihr schlecht. Sie trägt die beiden Hälften in den Garten, übergibt sich ins Rosenbeet. Gründlich wäscht sie das Messer ab, schiebt es in den Messerblock. Jeder, der etwas auf sich hält, hat einen Messerblock. Anfänglich hatte sie gar nicht soweit gedacht. Nur ein paar hübsche Blumen, eine neue Tischdecke, vielleicht. Und dann war es um die Vorhänge gegangen, aber vermutlich ist auch das nicht der Anfang.
– Erzähl mir doch nochmal, wie das angefangen hat.
– Hatten wir nicht gesagt, dass wir das lassen wollten? Diesen Reportage-Kram, meine ich, dieses Interviewzeug.
– Wirklich?
– Wollten wir nicht einfach einen hübschen Film machen? Einen Bericht, oder wie man das nennt? Hatten wir das nicht gesagt?
– Ach … ? Erzähl einfach ein bisschen, komm schon, das kann ja nicht schaden. Wenn du ein bisschen was erzählst. Dann haben wir was da. Füllmaterial. Nennen wir das einfach Füllmaterial. Oh, deine Cola ist leer. Warte, ich hol dir ne neue.
– Im Eisfach.
(Der Mann im Anzug steht auf, verschwindet aus dem Bild, im Hintergrund ist zu hören, wie die Eisfachtür geöffnet und wieder geschlossen wird. Der Mann kommt zurück, mit der Cola in der rechten Hand, setzt sich aufs Sofa, reicht der Frau die Getränkedose.)
– Das ist nett. Danke. Wolltest du keine?
– Später vielleicht. Danke.
– Aber ich weiß gar nicht, wo ich da anfangen soll …
– Wo ihr euch kennengelernt habt vielleicht. Was meinst du, das wäre doch ein ganz hübscher Anfang.
(Liegengeblieben sind Fragmente von Texten, die herausfallen, wenn man alte Notizbücher schüttelt.)